Freitag, 27. Juli 2012

Job Rotation II

Ich habe ja vor längerer Zeit mal über eine Mediationsmöglichkeit im Alltag berichtet. (hier)
Nachdem ihr diese alle nun ausgiebig geübt habt, könnt ihr euch an die nächste Stufe wagen, die ich euch nun vorstelle.

Und zwar geht es heute um Telefonmeditation.

Für diese Methode benötigt man einen Nachmittag Zeit, idealerweise regnerisches Wetter, ein Telefon, und ein beliebiges technisches Problem. Ahja! und eine Telefonhotline, die dafür zuständig ist.

Die Übung beginnt mit einem einfachen Anruf bei einer Hotline. Zum Beispiel bei deinem Telefonanbieter weil wieder einmal die Internetverbindung sehr langsam ist. Gleich zu Beginn des Gespräches hört man eine nette Computerstimme, die freundlich informiert, welche Nummer man nun drücken muss, um genau den richtigen Mitarbeiter zu erwischen. Jetzt fängt die erste Phase der Tiefenentspannung an. Mithilfe der Warteschleifenmusik, die von jemanden aus den 80ern im Hinterzimmer auf einer Bontempi Orgel komponiert wurde, und aus 4 Noten und 8 Takten besteht, kann man nun das Problem vor dem inneren Auge visualisieren. Keine Angst, wenn das nicht sofort geht, man hat ja gut eine halbe
Stunde Zeit.

Irgendwann hebt ein kompetenter Mitarbeiter, meistens mit dem Namen Justin Wondrajek, ab. Nachdem du diesem deine Kundennummer, Adresse, Geburtsdatum sowie die richtigen Lottozahlen der letzten 3 und nächsten 2 Ziehungen gesagt hast, kannst du ihm dein Problem schildern. Wichtig ist es, hier sehr langsam zu reden und bei unbekannten Fremdwörtern, wie z.B. Internet, diese zu buchstabieren.

Wenn du dein Problem verständlich gemacht hast, hilft dieser mit individuellen Lösungsvorschlägen, wie z.B. "sitzen Sie vor dem richtigen Computer?“, „ist dieser eingeschalten?“, „haben sie die Rechnung gezahlt?“, und anderen hilfreichen Tipps, die wirken, als würde er diese von einer Liste lesen, was er auch exakt macht.

Wenn du Justin nach 10 Minuten Telefonat davon überzeugt hast, dass du dich sicher in deiner Wohnung befindest, die Welt noch nicht untergegangen ist, und du das Internet nicht kaputt gemacht hast, hast du einen wichtigen Schritt getan - du darfst ins Second Level.
Dort sitzen meistens Leute, die schon den Computerführerschein gemacht haben - also Experten sind.

Die erklären erstmal ausführlich, warum du an der ganzen Misere schuld bist, sie und ihre Firma so tolle Dienste anbieten und du dessen gar nicht würdig bist. Hier gilt es, einen Cheat zu finden, auch diese zu besiegen, und schon steigst du ins Third Level auf.

Diese armen Menschen besitzen meistens kein Telefon, ergo müssen sie erst eine Telefonzelle finden, bevor sie zurückrufen können - das erklärt auch, warum das so lange dauert. Wenn sie sich aber melden, merkst du gleich, der Netzwerkadministrator bei Humboldt hat sich ausgezahlt, und die helfen meistens weiter.

Diesen Ablauf haben wir einer Methode namens ITIL zu verdanken. Dies ist die Art, wie man IT Organisationen besser gestalten und Kunden in den Wahnsinn treiben kann.
Die Idee für diese Methode kommt aus Amerika und ist den Textadventures aus den frühen 90ern nachempfunden. (Nimm Stein und haue gegen Ork)

Dies ist übrigens auch der Grund, warum ich jetzt immer mehr Flugangst bekomme. Wenn es unterwegs kurz rumpelt, befürchte ich, die arbeiten genau wie wir.

Dann schließe ich die Augen und stelle mir den Funkverkehr im Cockpit vor:

Pilot: Hallo Tower, befinde mich auf dem Flug von Wien nach New York, meine Flughöhe ist 8000 Fuss, die Kontrollleuchte für das linke Triebwerk meldet einen Fehler, bitte um weitere Instruktionen.

Tower: Willkommen bei Tower New York, dem Ziel ihrer Träume! Danke, dass Sie unsere Nummer gewählt haben. Drücken Sie 1, um eine Verspätung zu melden, 2 bei rauchendem Fluggast, unter 3 erreichen sie
sie das Chartering, 4 bei technischen Gebrechen, 5 bei sonstigen Problemen, 6 wenn Sie die Ansage in Mandarin hören wollen und 7, wenn ihr Flugzeug entführt wird. Wenn Sie nicht mehr wissen warum Sie uns kontaktiert haben drücken sie 8, und mit 9 wiederholen wir die Ansage.

Pilot: 4

Tower: Danke! Wir verbinden Sie an einen unserer technischen Mitarbeiter. Aufgrund erhöhten Flugaufkommens kommt es derzeit zu längeren Wartezeiten. Wir bitten um etwas Geduld.

Es folgt diese Warteschleifenmusik.



Tower: Hallo mein Name ist Kevin Zadrobilek, was kann ich für Sie tun.

Pilot: Hallo Tower, befinde mich auf den Flug von Wien nach New York, und die Kontrollleuchte fürs linke Triebwerk meldet einen Fehler - bitte um weitere Instruktionen.


Tower: Bitte geben Sie ihre Flugnummer, Kerosinstand, Aszendent ihrer Ehefrau sowie die Körbchengrößen der Stewardess der ersten Klasse bekannt.

Pilot: Wozu braucht ihr diese Infos? Ich habe Probleme mit dem Triebwerk.

Tower: Tut mir leid das sind Mussfelder im Ticket, ohne diesen Infos kann ich ihnen leider nicht helfen.

Pilot: AB123, 4000 Kilo, Jungfrau, C, und das Triebwerk ist mittlerweile ausgefallen

Tower: Können Sie kurz aus- und wieder einsteigen?

Pilot: Wie bitte? Ich befinde mich auf 8000 Fuss!

Tower: Haben Sie schon probiert, es neu zu starten?

Pilot: Negativ! Triebwerk hat zu rauchen angefangen.

Tower: Laut internationaler Vorschrift ist das Rauchen in Flugzeugen nicht gestattet, bitte informieren Sie den betroffenen Fluggast und unterbinden sie das Fehlverhalten!

Pilot: Seid ihr des Wahnsinns? Das Triebwerk brennt! Wo kann ich notlanden?

Tower: Oh, da bin ich nicht zuständig, ich werde das Ticket an den Second Level weiterleiten, der zuständige Agent wird sich bei Ihnen melden.

Spätestens dann wache ich schweißgebadet auf, und bete nur noch, dass wir sicher landen.


1 Kommentar:

  1. Ich kenne auch eine gute Möglichkeit der Meditation, nämlich diesen Blog hier zu lesen ... halt, bevor jetzt alle aufschreien, das ist ein Kompliment! Nach einem neuen Geschichtchen fühle ich mich so erfrischt und entspannt, dass ich doch glatt mit einer Hotline telefonieren könnte, ohne auszuflippen.

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